Folgender Beitrag erschien im Pfarrmagazin unseres Pfarrverbandes.
58 Jahre lang, seit 1965, verrichtet die Wastlhuber-Orgel auf der Empore von St. Agnes Tag für Tag, Monat für Monat ihren Dienst. Sie begleitet die Gemeinde beim Gesang, unterstützt den Chor und findet in vielen Konzerten Verwendung. Obwohl sie in der Dienstzeit des verdienstvollen, langjährigen Kirchenmusikers Max Müller zum Beispiel um gläserne Schwelljalousien, eine Suboktavkoppel und das Register Dulzian 8‘ erweitert wurde, befinden sich wesentliche Bestandteile des Instruments noch heute auf dem Stand der Erbauungszeit. Damit hat sich ein gewisser Sanierungsbedarf angestaut, der nun angegangen werden soll. Dies geschieht sowohl auf meine Initiative wie auch mit Unterstützung meiner Kollegen, insbesondere Georg Kläne und Robert Diepold. Wir stützen uns bei
unseren Plänen nicht nur auf unsere eigenen Erfahrungen aus der Praxis, sondern auch auf die Expertise der Orgelsachverständigen Karl Maureen und Christian Bischof sowie auf Angebote mehrerer
Orgelbauer – aus allen Perspektiven sind es immer ähnliche Bereiche der Orgel, die instandgesetzt werden sollten.
Unerlässlich scheint der Bereich Elektrik zu sein. In einer Orgel liegen kilometerweise Kabel verlegt: Jede der 142 Tasten des Instruments besitzt eine eigene Verbindung zu den drei Windladen; die 20 Registerschalter sind mit den Zugapparaten verbunden, wobei aber die Zahl der Verbindungen noch durch die Spielhilfen (Koppeln, Kombinationsschalter und Crescendowalze) potenziert wird. Wie uns erklärt wurde, ist der Zustand der Elektrik der Orgel durchaus verbesserungswürdig. Hier ist vor allem der Verwendbarkeit und
der (brandschutzrechtlichen) Sicherheit der Anlage Rechnung zu tragen.
Wer unsere Konzerte zugunsten der Orgel in den letzten Jahren besucht hat, wird mitbekommen haben, dass die sogenannte Registertraktur – darunter versteht man die Gesamtheit aller Komponenten der Orgel, die fürs Ein- und Ausschalten der Register zuständig sind – für uns Organisten in den letzten Jahren ein regelmäßiges Ärgernis gewesen ist. Damit ein Register klingen kann, muss ein Brett mit 56 Bohrungen („Schleife“) so verschoben werden, dass die Bohrungen den Weg für die Luft aus den Laden durch die Tonkanzellen in die Pfeifen freigeben. In St. Agnes sind kleine Bälge verbaut, die die Schleife verschieben, wenn sie aufgeblasen werden. Allerdings sind diese Bälge ziemlich verschlissen und entsprechend unzuverlässig. Sie sollen durch moderne Magnetschalter ersetzt werden.
Im Zuge dieser quasi unaufschiebbaren Reparaturen können auch Arbeiten erledigt werden, die in weiten Abständen an einer Orgel anfallen. Alle zwanzig bis dreißig Jahre sollte eine Orgel gründlich gereinigt werden, der Zustand aller Pfeifen kontrolliert werden sowie die Windanlage überprüft werden. Das ist in St. Agnes schon viele Jahrzehnte nicht mehr geschehen. Um die Windversorgung instand zu halten, müssen die Bälge der Orgel (also der große Magazinbalg sowie die drei Schwimmerbälge) auf ihre Dichtigkeit überprüft und gegebenenfalls geflickt werden. Auch bei einigen Dichtungen an den Laden tritt Luft aus – manchmal nimmt man auf der Empore Zischgeräusche wahr, die vermutlich von einer solchen undichten Stelle herrühren dürften.
Beschädigungen und Verschleiß am Pfeifenmaterial können entsprechend den verschiedenen Bauformen der Orgelpfeifen vielfältig sein. Fast alle Pfeifen sind ein wenig verstaubt und sollten gereinigt werden. Daneben können bei Holzpfeifen Risse auftreten – teilweise haben wir schon einige gefunden. Nicht wenige Pfeifenbauarten besitzen auch einen „Deckel“ aus Holz oder Metall. Weil man diese Orgelpfeifen durch Verschieben des Deckels stimmt, kommt es hier zu Verschleiß an der Belederung der Deckel. Sehr kleine Metallpfeifen sind oft nur fingergroß; diese sind so filigran, dass sie im Verlauf der Jahre Dellen und Verformungen bekommen haben. Wieder andere Metallpfeifen sind so groß und schwer, dass ihr Gewicht im Laufe der Zeit den eigenen Pfeifenfuß eingedrückt hat. All diese Deformierungen am Pfeifenmaterial beeinflussen die Klangeigenschaften der Orgel negativ: Eine beschädigte Pfeife klingt schwächlich oder unnatürlich rau, hält ihre Stimmung nicht mehr und stellt schließlich ihren Dienst ein. Mit einer liebevollen Pflege jeder einzelnen Pfeife kann man die klanglichen Eigenschaften des Instruments bewahren und verbessern.
Wenn man die Pfeifen nach der Reinigung und den Reparaturarbeiten wieder einbaut, gleicht man mit einer sogenannten Nachintonation Ungleichheiten in Lautstärke, Klang und Klangansprache aus. So stellt man eine größere Einheitlichkeit innerhalb der einzelnen Register und hinsichtlich der Gesamtwirkung der Orgel her. Orgeln verfolgen immer auch ein musikästhetisches Klangideal, sie sind auf die Vorstellungen einer Epoche zugeschnitten. Unsere Orgel lässt sich in die neobarocke Ästhetik ihrer Entstehungszeit einordnen. Damals begann eine große Renaissance der orgelbauerischen Techniken, Ideale und Vorstellungen des 18. Jahrhunderts, die sich bis heute weiterentwickelt hat. Doch nicht weniges, was 1965 vermutet und angenommen wurde, sieht man heute wieder anders. Einige Register unserer Orgel wurden entsprechend dem damaligen Ideal vergleichsweise grell und spitz gestaltet, andere sind recht rau und ungeschlacht. Diese Stimmen sollen dahingehend umgearbeitet werden, dass sie ein wenig sanfter, runder, weicher und grundtöniger klingen.
Die Kirchenverwaltung hat Anfang Oktober beschlossen, die Sanierungspläne für unsere Orgel in die Tat umzusetzen. Angestrebt wird, die Arbeiten im Laufe des Jahres 2024 durchführen zu lassen; die Kosten werden im mittleren fünfstelligen Bereich liegen. Vor diesem Hintergrund wird es auch weiterhin Konzerte und andere Veranstaltungen zugunsten der Orgel geben. Die Freunde der Kirchenmusik dürfen sich herzlich zu diesen Veranstaltungen eingeladen fühlen. Spenden für die Orgelsanierung sind erbeten – wir können bei Bedarf Spendenquittungen ausstellen –, auf dass unsere Orgel auch die nächsten Jahrzehnte erhalten bleibt.