Konzertkritik: Simon Holzwarth in der Evangeliumskirche am Hasenbergel

Die folgende Konzertkritik habe ich für den Feldmochinger Lokalanzeiger geschrieben.

Simon Holzwarth hat die Arbeiten an der Schmid-Orgel am Hasenbergl als Kirchenmusiker begleitet, nun, da das Instrument wieder in vortrefflichem Zustand ist, ist seine Aufgabe getan und er kehrt von seiner neuen Anstellung immer noch gerne an seine alte Wirkungsstätte zurück. So war das erste Konzert auf der überholten Orgel zugleich auch Holzwarths Abschiedskonzert, das die Gemeinde in guter Erinnerung behalten wird. Vor den Ohren von etwa 30 Zuhörern, unter ihnen Orgelbauer Thomas Jann, der das Instrument überarbeitet hat, bot Holzwarth Orgelwerke von Bach, Widor und Mendelssohn dar.

Das Konzert begann mit Bachs Praeludium und Fuge Es-Dur BWV 552. Im Praeludium, das mit seinen kernigen Punktierungen klar an die Gestaltung einer Französischen Ouvertüre erinnert, spielte Holzwarth die verschiedenen Plenumsklänge der einzelnen Manuele in überzeugender Manier gegeneinander aus und zeigte in der Fuge große Spielfreude bei einem vergleichsweise raschen Tempo. Das Instrument überzeugte die Zuhörer nicht nur mit seinem volltönenden Klang, sondern auch im Detail mit den großartigen Aliquotenregistern, die mit ihren verspielten, frohen Intonationen das Klangkolorit des Instruments maßgeblich charakterisieren. Erstaunlich war ebenfalls die Klanggestaltung der Trompete 8‘, die – von Schmid ursprünglich nach den unhistorischen neobarocken Vorstellungen seiner Zeit angelegt – von Jann nicht wesentlich verändert wurde. So hat der eindringliche knusprig-obertonreiche Klang der Trompete mit ihren kurzen Bechern noch immer seinen Sitz inmitten des Hauptwerksplenums.
Dass aber Organist und Orgel nicht nur lautstark auftrumpfen können, stellte Holzwarth in Bachs Triosonate C-Dur BWV 529 unter Beweis. Die Triosonaten Bachs gelten als besonders schwer, weil sie zumeist fein-akademisch zurückgenommen sind und ihre drei Klangebenen (die beiden Hände und das Pedal) jeweils einzeln maximale Klarheit und Genauigkeit verlangen. Holzwarths transparente, rationale Artikulation erfüllte diese Anforderungen vollständig, auch wenn die gedackten Register im Pedal aufgrund ihrer etwas späten Ansprache nicht ganz mit den raschen Ansprachen in den Manualen hinterherkamen. Gleichwohl ist es nachvollziehbar, dass Jann diese langsamere Ansprache im Pedal gewählt hat, da diese in der Tat in einer weitaus größeren Zahl an Orgelwerken brauchbar ist. Im dritten Satz der Triosonate kontrastierte Holzwarth mit schönem Effekt den Krummhorn-Klang im Rückpositiv mit dem Sesquialter-Klang des Brustwerks – eine Registerkombination, die auch im neu gestalteten Kirchenraum eine glänzende Wirkung entfaltete.

Wie schlägt sich die Orgel
bei romantischen Werken?

Nun zielt die Intonation einer Orgel in der Regel darauf ab, den typischen Klang einer gewünschten Epoche einzufangen. In der Evangeliumskirche ist man größtenteils auf deutschbarocken Pfaden unterwegs – mit einigen offensichtlichen Anleihen aus der Erbauungszeit. Die Orgelmusik des französischen Komponisten Widor (1844–1937) stellt somit auf dem Instrument eine besondere Herausforderung dar. Holzwarth nutzte für das Andante sostenuto aus der Symphonie gothique op. 70 zur Begleitung einen recht beeindruckenden Grundstimmenfundus, der – trotz seiner deutschbarocken Klangeigenschaften –, von Holzwarth mit großzügigem Legato gespielt, einen guten Eindruck machte. Eine weitere glückliche Wahl des Organisten war es, die Melodie auf dem Brustwerk mit der wunderbar weit mensurierten Blockflöte 4‘ darzubieten.
Mendelssohns B-Dur-Sonate op. 65 Nr. 4 beschloss das Konzert. Im ersten Satz beeindruckte Holzwarth mit raschem, glasklarem Laufwerk und schwelgte im zweiten Satz genüsslich in den reichen Klangflächen der Orgel – seien es die bezaubernden Flöten auf dem dritten Manual oder die schlichte Schönheit des Hauptwerksprinzipals. Dazu setzte er auch geschmackvoll die Schwellwirkung ein. Im dritten Satz imponierte der Interpret mit raschen Registerwechseln, bei denen er doch die Kontinuität des Spielflusses nicht aus den Augen verlor, und einer zauberhaften romantischen Gestaltung – emotional, zurückhaltend und weich. Im letzten Satz trumpften Holzwarth und seine Orgel erneut mit kräftigem Klang auf – die zahlreichen Aliquoten könnten wohl ein bisschen zu „verschnörkelt“ für Mendelssohn wirken. Als Zugabe spielte der Organist das G-Dur-Praeludium von Mendelssohn mit abermals angenehmem Schwellereinsatz auf dem Brustwerk und wunderbar schwingendem 6/8-Takt. Nicht zuletzt die schöne Weidenpfeife 8‘ zeigte hier ihren gepflegten und reichhaltig-saftigen Streicherklang.

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